Im ersten Teil des Artikels haben wir uns auf einem eher abstrakten Level mit einer Kommunikation beschäftigt, die wir für die Radmobilität, -branche und -industrie brauchen. Spannend, dass Jobrad in der Zwischenzeit mit einer Kampagne an den Start geht, die relativ klar auf das Counternarrative in der Anstrengung des nachhaltigen Lebens abzielt.
Eine sehr schön gemachte Kampagne, die sich – folgen wir den Thesen aus den „60 Prozent“ – an die 20 Prozent der Bevölkerung richtet, mit der wir sowieso in Harmonie schwingen. Die Herausforderung ist es aus unserer Sicht, die 60 Prozent anzusprechen, die bereit wären dies auch zu tun. (Vgl.: Das 60 %-Potenzial. Mit Marketing die breite Masse für grünen Konsum begeistern. Johanna Gollnhofer. Jan Pechmann.)
Wie das konkret aussehen kann, möchte ich hier skizzieren. Wichtig ist, dass es sich hierbei um einen von sicherlich vielen gut möglichen Kommunikationsvorschlägen handelt. Im Team hatten wir einen Tag lang sehr viel Spaß mit der Arbeit an diesen Ideen.
F.
Der Fachhandel
Sicherlich bedarf es keiner tiefgehenden Analyse der Herausforderungen im Fachhandel. Spannend festzuhalten ist, dass der Fachhandel als Kommunikationskanal im deutschsprachigen Raum eine erhebliche Rolle in der Customer Journey einnimmt. In anderen europäischen Märkten, wie zum Beispiel Großbritannien, sehen wir hier eine wesentlich geringere Relevanz.
Das spricht nicht unbedingt für schwache Marken, aber durchaus für ein markentechnisches plain-level-playing field, welches vom Fachhandel im Sinne der Kund*innen entschieden werden soll. Ein Grund also, der Beziehung einen wesentlichen Raum in der Marken- und Produktkommunikation einzuräumen und diesen POS im Sinne der Branche weiterzuentwickeln.
Mit acht Personen sind wir in die Ideationsphase rein und mussten feststellen, dass lediglich zwei Personen sehr positive Erfahrungen im Fachhandel gemacht haben. Vier fühlen sich nicht besonders verbunden. Zwei hatten klar negative Erlebnisse: angefangen von falscher Beratung über Überheblichkeit bis hin zu unpassender Kommunikation.
Das hat keinen Anspruch darauf repräsentativ zu sein, bedeutet für uns aber auch, dass wir bei allem Marketing, das wir hier machen können und sollten, auch die Hausaufgaben des Fachhandels selbst im Blick behalten.
Hier brauchen wir einen Kulturwandel, damit eine Kampagne auch authentisch greifen kann. Die Vision des modernen Fachhandels sollten wir hier integrieren, aufmachen und begleiten, zum Beispiel durch:
Playbook in Print und Digital
Best Practices integrieren, Vorlagen und Co. Hier geht es uns um den Aufbau einer leicht zugänglichen Plattform mit unterschiedlichsten Themenbereichen und dem Fokus auf Best Practices aus dem Fachhandel selbst, ergänzt mit Beiträgen von Expert*innen zum Thema Verkauf, Ladengestaltung etc.
Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten in Dream Builds bewerben
Das könnte dein Job sein. Du möchtest Träume erfüllen? Dann wechsle jetzt in die Radbranche.
Corporate Influencer im Handwerk engagieren und unterstützen
In anderen Handwerks-Bereichen gibt es bereits Influencer*innen, die von ihrer Ausbildung und dem Handwerk berichten.
Influencerkampagne zu Ausbildungsmöglichkeiten
Welche Bike-Creator*innen gibt es, die bei 15-Jährigen wirken? So könnten wir aus dem Handwerk und aus der Community heraus kommunizieren und werben.
P.
Radfahren und Politik
Im Bereich von Politik und Branche haben wir uns entschlossen in zwei Zielgruppen zu unterscheiden: Politik & Verwaltung sowie die 60 Prozent.
Beginnen wir – mit einer Bundestagswahl vor der Tür – mit Politik und Verwaltung. Die Politik ist aktuell damit konfrontiert, aus unterschiedlichsten Industrien mit Forderungen nach Unterstützung überhäuft zu werden. Die Politik soll Lösungen liefern. Ein Zugzwang, den die Politik zwar kennt, der aber natürlich dennoch erst einmal Konfrontationen aufmacht.
Aus unserer Sicht bieten sich zwei parallele Ad- und OOH-Kampagnen an, die anschließend per Printkommunikation weiterentwickelt werden können.
Beide greifen auf einen Common Ground zurück. Im ersten Fall wäre das die Suche nach Lösungen und die gemeinsame proaktive Arbeit an einer guten Zukunft. Das würden alle Parteien für sich beanspruchen und so wird kein Narrativ eines Kulturkampfes aufgemacht, sondern der Schulterschluss gesucht.
Idealerweise werden für alle politischen Ressorts Kernthesen und Arbeitsfelder herausgearbeitet und ins Schaufenster gestellt. Die Betonung liegt dabei immer auf dem Mehrwert, den die Radindustrie hier bereits liefert und den man gemeinsam weiterentwickeln kann.
Wir bewegen Menschen.
Wir liefern Lösungen.
Die Fahrradindustrie.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen Top 1 – tägliches Radfahren senkt das Risiko signifikant
Lebenswerte Städte
Wirtschafts- und Innovationskraft
Beschäftigungsmöglichkeiten in Stadt und Land – sehr breit aufgestellt durch Tourismus und Industrie
Der zweite Common Ground ist eine Mischung aus dem Gefühl von Freiheit, für den das Fahrrad schon immer steht und Deutschland als Primus in den Bereichen Engineering, Entwicklung, Erfindung und auch im Sport. Es wäre spannend die Visualität alter Marlboro-Werbungen aufzugreifen – also das Gefühl der Freiheit rein visuell zu präsentieren und dort aber Menschen aus der Branche zu zeigen, die das Thema Fahrrad, vor allem aber auch die Industrie weltweit vorangebracht haben. Das vereinende Element ist dann nicht mehr das Marlboro-Country, sondern das Fahrradland Deutschland seit 1817.
Fahrradland seit 1817.
Sabine Spitz als erfolgreichste deutsche Mountainbikerin
Ulrich Prediger als Erfinder des Fahrrad-Leasings
Bosch, Fazua & ZF als Innovatoren im eBike-Segment
Karl von Drais als Erfinder des Radfahrens
%
Die 60 Prozent
Wenden wir uns nun den potenziellen Radfahrer*innen zu, also den 60 Prozent – dem ungehobenen Potenzial unserer Branche.
Auch hier gilt es, einen Common Ground zu bereiten. Aus unserer Sicht ist dies vor allem das Gefühl von Freiheit, von größer werden, erkunden und Spiel. Damit verbinden wir das Rad im Kindesalter. Es ermöglicht uns weiter von zu Hause wegzukommen. Uns selbständig zu fühlen, uns abzunabeln. Gleichzeitig bringt es uns mit Freund*innen zusammen, verschafft uns Bewegung und Spiel. Ich beispielsweise habe beim Zeitungen austragen damit Geld verdient, bin mit Freunden im Wald rumgefahren und noch bis 18 in der Dunkelheit vom Weggehen heimgekommen. Die Infrastruktur war wild, aber es fühlte sich gut an selbständig und dennoch verbunden zu sein.
An diesem Punkt trennen sich nun die Erfahrungen vieler Menschen. Mit dem ersten verdienten Geld kommt auch oft das erste Auto, das Rad rückt in seiner Bedeutung in den Hintergrund. Hier endet also der Common Ground in der erlebten Realität. Doch darauf lässt sich aufbauen.
Ziel ist es, im ersten Schritt nur wieder an dieses Gefühl zu erinnern. Keine weitere Mahnung, kein Call to Action, einfach räsonieren lassen.
Was wir versuchen, ist negative Emotionen aus unserem heutigen Alltag über einen Trigger mit positiven Erinnerungen zu verknüpfen und darüber eine andere Vision für morgen aufzumachen. Keine ferne Zukunft, einfach nur morgen. Die Klingel als Trigger ist dabei radimmanent, wirkungsvoll und kann einfach physisch als Kampagnen-GiveAway fortgeführt werden.
Kampagnenvideo-Idee:
Menschen Ende 30/Anfang 40 im lauten Alltag – das Klingeln sorgt für ein Innehalten und Rückblende in die Kindheit.
Unterschiedliche Settings, Common Ground bereitet.
Menschen holen das Rad wieder aus dem Keller, klingeln und fahren los.
Fahren in positiven Umgebungen – Berlin unter der Bahn (regengeschützt), Fahrradparkhaus (sicher abgestellt), Fahrradschnellweg (sichere Infrastruktur), ...
Dein Fahrrad bewegt dich.