Skip links

Red Bull Rampage & die Bro-Kultur

Die Radbranche ist im sportlichen Segment, vor allem im deutschsprachigen Raum, äußerst männlich geprägt. Noch immer sind lediglich knapp über 20 % der Ausübenden Frauen. Die Branche möchte das seit Jahren ändern – schließlich wäre ein Anstieg des Frauenanteils ein massiver Schwung in den Nutzer*innen- und damit auch Käufer*innen-Zahlen. Aber was genau hat das nun eigentlich mit einem der größten Sportevents der Community zu tun?

2024

Red Bull Rampage

Die Red Bull Rampage 2024 zeigte wie immer beeindruckende Action. Am Rand des Vorstellbaren – wir konnten mitfiebern, uns austauschen, spekulieren und einfach eine gute Zeit vor dem Bildschirm verbringen. 2024 machte die Rampage aber auch in anderer Hinsicht einen großen Schritt nach vorn. Zum ersten Mal trat ein weibliches Feld an Fahrerinnen an und stürzte sich wagemutig und äußerst gekonnt die unterschiedlichen Lines hinab. So weit, so gut. Man könnte meinen, dass wir dem Anstieg des Frauenanteils im Sport damit wieder einen Schritt näher wären. Sichtbarkeit, Vorbilder, Akzeptanz – all das schafft Zugänglichkeit.

Doch gerade mit der Akzeptanz war es nicht allzu weit her. In Foren, Onlinemagazinen und über Social Media machte sich der Spott eines Teils der männlichen Mountainbike-Community über die weiblichen Athletinnen Luft. Dumm, niveaulos, überheblich und sexistisch. Die Kommentare rund um die Red Bull Rampage brachten mich der Mountainbike Community nicht unbedingt näher. Sie sorgten für Befremden und auch Scham. Das ist nicht die Community, die ich mir wünsche, wie ich sie haben möchte und in der meine Tochter ihren Platz finden soll.

Dieser patriarchale Hort wurde lange Zeit gut gepflegt und ich kann mich in meiner Vergangenheit auch selbst nicht davon frei sprechen. Ich weiß noch, wie ich mit Ende 20 Endurorennen fuhr, im Ziel auf die Ergebnislisten schaute und hoffte schneller als die schnellsten Frauen gewesen zu sein. Das waren reine Gedanken, keine Gespräche oder Kommunikationen, und dennoch fehl am Platz und eben sexistisch. Mein höchster Respekt gilt den Leistungen, die damals Fahrerinnen wie Ines Thoma und Julia Hofmann vollbracht haben – und es tut mir leid, wie ich damals dachte.

Bro!

Das bringt uns zurück zu 2024. Gefühlt hat sich nicht viel getan. Offensichtlich gibt es in der sportlichen Radcommunity eine Kultur, die patriarchales Verhalten und Sexismus akzeptiert, ihm teilweise sogar applaudiert. Wir sehen das an Kommentaren zur Tour de France Femmes, bei Bewertungen der Körper von Athletinnen und eben bei Events wie der Rampage. Wir sehen diese Ausprägungen an Aussagen, wie der eines Vorstandes der DIMB im Bergfreundinnen-Podcast des BR, in dem er sagte, dass es in der DIMB keinen Sexismus gäbe. Eine Aussage, die jede sinnvolle Beschäftigung mit dem Thema verneint.

Damit möchte ich niemanden persönlich an den Pranger stellen. Denn am Ende ist es eine Struktur in dieser Community (und zum Teil sicher auch in der Branche, die Teil dieser Community ist), die für diese Kultur sorgt. Die eben ein Umfeld bereitet, in dem auf Athletinnen herablassender geblickt wird. In der sexistische Witze gemacht werden und in der patriarchales Verhalten oft unwidersprochen bleibt.

Ein Appell für eine andere Kultur

Es ist keine Kultur, die ich für diese Community möchte. Nicht als Jugendtrainer, der aktuell 50 % Mädchen an den Sport heranführt. Nicht als professioneller Begleiter dieser Branche, nicht als Teil dieser Community. Gerade als professioneller Teil der Branche haben wir die Verantwortung solche Aussagen nicht unwidersprochen stehen zu lassen.

Kein Verband sollte sich unwidersprochen hinstellen können und behaupten, es gäbe in seinen Strukturen keinen Sexismus. Ich selber bin Teil des Bundeslehrteams Mountainbike des Deutschen Alpenvereins und auch in unserer Ausbildung kommt es ab und an zu unangemessenen Witzen – doch bleiben diese nicht so stehen, sie werden thematisiert und wenn nötig sanktioniert. Als Zeichen einer anderen, integrativen Kultur.

Ich wünsche mir, dass wir als Branche nicht nur den Spaß, die guten Zeiten und das tolle Erlebnis erzählen, sondern den Konflikt suchen, wenn uns Sexismus begegnet – klar positioniert und auf offener Bühne.

Nicht um zu blamen, sondern um aufzuzeigen welche Kultur wir für unsere Community wollen und welche eben auch nicht. Am Ende sind es doch diese Zeichen, die eine Kultur prägen und ein Selbstverständnis schaffen, in dem Parität vorstellbar wird, jenseits von spezifischen Produkten.

Norman Bielig leitet desire lines und beschäftigt sich intensiv mit der Kultur und den Strukturen in der Mountainbike-Community. Als Jugendtrainer und Berater der Branche setzt er sich für eine inklusive und respektvolle Kultur ein – nicht nur auf den Trails, sondern auch im Umgang miteinander.

Diese Website verwendet Cookies, um dein Web-Erlebnis zu verbessern.
+
swipe